Nach Marx ist der Kapitalist wie ein Vampir, der seinen Arbeitern beziehungsweise Opfern das Blut und die Arbeitskraft aussaugt. In einem Dorf, in dem das Proletariat von bissigen chinesischen Flöhen geplagt wird, hat die Oberklasse nur wenige Probleme damit. Unter den Arbeitern geht das Gerücht herum, ein Vampir sei für diese seltsamen Bisse verantwortlich, bei der Oberklasse heißt es, die Bisse hätten mit mangelnder Hygiene zu tun.

In drei unterschiedlich langen Kapiteln werden die Kernfiguren Octavia, Jacob und Ljowuschka vorgestellt. Im Zuge der direkten Verbindung zu Marx‘ kommunistischen Manifest teilen sich die Figuren klar in eine Zweiklassengesellschaft auf, in Form von Octavia, der Kapitalistin und Jacob, ihrem persönlichen Assistenten auf der einen Seite und Ljowuschka, der von dem sorglosen Leben der Oberklasse nur kosten kann, auf der anderen Seite.

Ljowuschka war kurze Zeit ein beliebter und bekannter Mann, der jedoch bei seinem Schauspieldebüt gänzlich aus dem Film (Eisensteins „Oktober“) herausgeschnitten wurde. Angesichts fehlender Anerkennung und der Gefahr politischer Verfolgung beschließt er, Russland zu verlassen und sich auf den Weg nach Hollywood zu begeben, ihm fehlen jedoch Geld und Referenzmaterial seiner Schauspielkunst. Die ihm wohlgesonnene Octavia will den sich als Baron ausgebenden Ljowuschka als Künstler unterstützen und wird Geldgeberin und Hauptdarstellerin in einem Amateur-Vampirfilm. Dass sie dies jedoch auch aus Langeweile und Provokation tut, ist nicht von der Hand zu weisen.

Die Message des Films ist mehrdeutig, und auf geschickte Art und Weise werden gravierende gesellschaftliche Problematiken in eine ironische Leichtigkeit gepackt. Die durchgehend monotone Vortragsweise bei beinahe allen Figuren bestärkt die Wirkung des Films, bedarf jedoch auch einer Eingewöhnungsphase. Was anfangs wie furchtbares Schauspiel wirkt, bringt bei vorschreitender Handlung die Gleichgültigkeit der Gesellschaft zu Tage. Bei Betrachtung der Einstellungen und Dialoge erinnert „Blutsauger“ an ein in filmische Form gepresstes Theaterstück.

Zu Beginn noch mühelos ironisch und komisch, wandelt sich die Komödie gegen Ende in eine bittere Abbildung gesellschaftlicher Missstände. Die Bearbeitung von Themen wie Rassismus, Sexismus und Diskriminierung hinterlassen einen bleibenden Eindruck, der nachdenklich stimmt.

„Blutsauger“ kreiert eine Welt, die sich zeitlich in einer Schwebe befindet, welche gekonnt zwischen dem 20. und 21. Jahrhundert wandelt, wodurch die Gewichtung der Thematiken noch deutlicher zu Tage tritt. Es ist 1928, aber auch nicht wirklich. Coladosen und Gleitschirmflieger machen recht schnell begreiflich, dass dieser Zeitangabe nicht in Gänze zu trauen ist.

„Blutsauger“ ist ein Film, auf dessen Humor und Erzählweise man sich einlassen muss. Wer wachsam und hinsichtlich der Theorien Marx‘ zum Kapitalismus und Kommunismus bewandert ist, wird bestimmt an der ein oder anderen Stelle ein Schmunzeln nicht verbergen können und den Kinosaal anschließend bedächtig und nachdenklich verlassen.

Stephanie Frohberg