In einer freundschaftlichen Runde am Abend kommt plötzlich die Frage auf, warum ein Mensch eigentlich kreativ wird.
Regisseur Hermann Vaske lässt diese Frage ab diesem Moment nicht mehr los. Er nimmt sie mit sich und beginnt, ein buntes Potpourri von Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu interviewen: Prominente, Schauspieler, Komiker, Designer und Architekten. Selbst bis zu Politikern, politischen Aktivisten und spirituellen Führern wie George Bush, Pussy Riot oder dem Dalai Lama dringt er vor, nur um zu fragen: „Why are we creative?“
So ist in den letzten dreißig Jahren ein großes Archiv entstanden, aus dem er nun eine Vielzahl von Teilthemen zusammengestellt hat. Zwischen seine Interviews schneidet er immer wieder Zeichnungen und unterlegt diese mit seinen eigenen Worten, um dem Material einen Rahmen zu geben: seine Suche nach Kreativität.
Unterschiedliche Lebensstile werden aufgeworfen, politische Richtungen und familiäre Einstellungen. Sexualität als treibende Kraft ist ebenfalls ein großes Thema, u.a. angesprochen mit einem Interview des Künstlers Jeff Koons, dessen Marketingkonzepte oft genau darauf aufbauen. Da ist es fast schon ironisch, wenn der Regisseur in den nächsten Schnitten einige Designer dagegenstellt mit der Botschaft: Lasst euch vom Marketing nichts erzählen! Intelligente Assoziationsketten finden, das kann Hermann Vaske.
Er erschafft in der, zwar oft unruhig wirkenden, Filmmontage, insgesamt eine sehr inspirierende Zusammenstellung und es gelingt ihm elegant, auch die kleinen Schwächen des Films zu kaschieren: wie z.B. die teils doch sehr zweifelhafte Qualität der unterschiedlichen Kameras, die manchmal störend unscharfen Gesichter der Interviewten, sowie die hin und wieder etwas unglücklich gewählten Bildausschnitte. Aber meist sind es diese unprofessionellen und persönlichen kleinen Dinge, von denen der Film geradezu profitiert.
In einem seriösen Umfeld wäre vieles von dem Material so nicht zu verwenden gewesen. Aber hier trägt es insgesamt zu einer erfrischenden Lockerheit bei und überspielt auch, dass Hermann Vaske bei einigen seiner geführten Interviews selbst nicht so ganz der Entspannteste war: einige der Interviewten fühlen sich offensichtlich unwohl, nehmen ihn nicht ganz ernst, sind in Hektik, in Eile, blocken ihn ab. Doch er stellt sich dem. Und die Belohnung dafür sind die kleinen Geschichten, die er findet und die man sich so nicht einmal ausdenken könnte – wie er zum Beispiel David Lynch um ein Interview bitten möchte und der Anrufbeantworter ihm erklärt „Wenn Sie aus Uganda anrufen: der Kühlschrank ist schon verkauft.“ Um solche Anekdoten zu finden, haben sich die Wege schon gelohnt.
Eine konkrete Antwort auf seine Frage findet der Regisseur am Ende zwar nicht, aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel. Hermann Vaske hat durch diesen Prozess seine persönliche Art und Weise gefunden, um sich kreativ auszuleben und er wird auch daran weiterarbeiten, das spürt man deutlich. In seiner entstandenen filmischen MindMap, seinem Film, ist für jeden Zuschauer etwas dabei, um auch für den eigenen, kreativen Lebensweg Anknüpfungspunkte und Inspirationen zu finden und vielleicht selbst einfach mal loszugehen und mit etwas anzufangen. Damit hat der Film sein Ziel mehr als erreicht.