Zyniker sind enttäuschte Romantiker. Das unterscheidet sie von ironischen Menschen, also denen, die sich einfach so über alles lustig machen. Der Zynismus, dass macht der Film früh klar, ist dagegen etwas Erhabenes – kein humoristischer Sprachstil der Lacher wegen, sondern die Lyrik, die Poesie einer Generation von Verlorenen. In Susanne Heinrichs Kunstfilm „Das melancholische Mädchen“ reden alle jungen Menschen so: monoton, bedacht, aneinander vorbei und gnadenlos ehrlich in ihrer Unehrlichkeit aufgehend.

Aufgeteilt in 14 lose zusammenhängende Episoden erstellt Heinrich ein Porträt der Generation Y – ganz unironisch Generation Why (Warum) ausgesprochen –, das sich den kleinen, großen Problemen der Mittzwanziger bis Spätdreißiger annimmt. Die einzige Konstante ist das titelgebende Melancholische Mädchen, dass wohnungslos und an einer Schreibblockade leidend von einer Episode in die nächste gleitet, stets im Wissen über das eigene Unglück von tiefer Melancholie vereinnahmt. Der Film selbst ist dabei keineswegs traurig, im Gegenteil: Die zynisch-verbitterten Dialoge sorgen scharfzüngig pointiert immer wieder für witzige Momente.

Dass diese Mischung aus Witz und Bitterkeit so gut gelingt liegt, nicht alleine, aber insbesonders, an der herausragenden Marie Rathscheck, die ihr melancholisches Mädchen so vereinnahmend spielt, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Hinzu kommen die kreativen Sets und Kostüme, die durch die großartige Kameraarbeit jederzeit punktgenau in Szene gesetzt sind.

So rutscht das Publikum von einer Szenerie in die nächste, während es von den großen Fragen einer Generation zwar direkt, aber immer stilvoll eingekleidet im Pelzmantel der Satire an den Händen genommen wird. Da wird etwa eine Disco zur ekstatischen, einer gefühllosen Welt trotzenden Stoner-Höhle mit Kuschelfaktor; eine Badewanne zum Sinnbild des oberflächlichen; der Sex zur Profession einer sich selbst versklavenden Freiheit degradiert.

Unterwegs wird überall da Kritik geübt, wo die Stellschrauben der Gesellschaft sitzen: Am Kapitalismus, an fragwürdigen Ideologien, an der Gleichförmigkeit des Individualistischen. Überhaupt hört der Film irgendwann auf, dem Publikum und seinen eigenen Figuren den Spiegel nur vorzuhalten, stattdessen drückt er ihn mitten ins Gesicht. Realität und Kunst überschneiden sich dabei intelligent, etwa wenn in einer Episode von der Imitation des eigenen Wesens gesungen wird, während in einer anderen Textstellen von tatsächlichen Popsongs zum banalen Smalltalk umfunktioniert werden.

Wenn dann am Ende die Depression zum Politikum erklärt wird, wenn strukturelle Probleme im Sinne von des einen Leid ist des anderen Freud persönliches Versagen überschatten, dann beschließt Regisseurin Heinrich das Porträt einer Generation – einer Generation, die in ihrer Quarter-Life-Crisis nach dem Sinn des Lebens suchend von einer Episode in die nächste stolpert, immer gefangen in einem System, das die große Freiheit verspricht um mit ihr neue Käfige zu bauen.

Das melancholische Mädchen wird dabei aber, wie auch der Film, niemals zu wehleidig, sondern bleibt stets selbstreflektiert, erkennt sie das Identitätslose schließlich doch als Identität an.