Treffen sich ein koreanischstämmiger Ex-DDRler, sein esoterisch veranlagter Freund, ein stummer Mönch sowie ein von Hartz IV lebender Filmemacher und die Frau seiner Träume auf einer Apfelplantage. Was klingt wie der Anfang eines bizarren Witzes, ist in Wahrheit die Prämisse von Julian Radlmaiers SELBSTKRITIK EINES BÜRGERLICHEN HUNDES.
Julian (Julian Radlmaier) erzählt uns die Geschichte, wie er sich in einen Hund verwandelte: Der arbeitslose Filmemacher ist gezwungen, als Erntehelfer zu arbeiten. Im Rahmen seiner romantischen Bestrebungen um Camille (Deragh Campbell) erfindet er ein Filmprojekt, in dem diese die Hauptrolle spielen soll. Zur „Recherche“ für ebendieses Projekt finden die beiden sich auf der Oklahoma-Apfelplantage ein, begegnen einer Reihe eigenartiger Charaktere und wollen einen Kommunismus ohne Kommunisten erschaffen.
Schon in den ersten Minuten zeigt sich Radlmaiers dritter Film stilsicher und macht neugierig: Ästhetisch selbstbewusst wird ein Museum präsentiert, das farblich in schrägen Lachs- und Rottönen gehalten ist. Dazu ertönt barockartige Musik und ein Windhund etabliert sich als Erzähler der Geschichte. Der Film wirft hemmungslos Fragezeichen in den Raum, die der Zuschauer beantwortet sehen möchte. Die einzelnen Einstellungen sind sorgfältig gestaltet. Immer wieder sticht ins Auge, wie souverän Radlmaier und sein Kameramann Markus Koob mit Bildtiefe, Symmetrie und Farben spielen. Genau hier liegt auch die Stärke des Filmes: SELBSTKRITIK EINES BÜRGERLICHEN HUNDES glänzt nicht etwa durch eine ausgereifte Handlung, tiefgründige Charaktere oder große Emotionen, sondern vielmehr durch seinen selbstbewussten Stil, die experimentierfreudige Optik und den skurrilen Einfallsreichtum.
Julian Radlmaier setzt in seiner Politkomödie auf amüsantes Unbehagen und bizarre Komik statt platte One-Liner und liefert einen Film, der weiß, was er sein möchte und in diesem Rahmen auch funktioniert. SELBSTKRITIK EINES BÜRGERLICHEN HUNDES ist eigen und trotz der teils stark politisch geladenen Thematik sehr oberflächlich, doch gerade die Oberfläche ist das Schmackhafte an diesem Film.
von Benjamin Dogan
Gesehen beim 10. LICHTER Filmfest Frankfurt International als Teil der neuen Reihe „Zukunft deutscher Film“.
Bundesstart am 08. Juni 2017 in knapp 30 deutschen Städten. In Frankfurt zu sehen im Mal Seh’n Kino.