Fanni (Johanna Orsini-Rosenberg) kauft in Luxusboutiquen, wohnt in einer geräumigen, chic möblierten Altbauwohnung, tätigt Insidergeschäfte für ihre ebenso wohlhabenden Bekannten, plant Flugreisen und verbringt ihre Tage zwischen Fitnessstudio und Wellnesstempel. Fanni trägt Perlenkette und LouisVuitton-Täschchen, Burberry-Mantel und eine stoische Gelassenheit zur Schau. Fanni spricht blasiertes Schönbrunner Deutsch und selten die Wahrheit. Fanni ist pleite – mehr als pleite. Die Miete seit drei Jahren nicht bezahlt, steht sie kurz vor der Zwangsräumung. Das Angebot, wenigstens ihre Habseligkeiten vor dem Gerichtsvollzieher zu retten, schlägt Fanni ebenso aus wie das Angebot einer Freundin, sich in deren Boutique ein regelmäßiges Einkommen zu sichern. Fanni hat das nicht nötig.
Fanni hat kein Geld – sie hat Geldallergie – und vor allem hat das Geld nicht Fanni!
Ohne Rücksicht auf Verluste kauft sie einen Luxusartikel nach dem anderen, nur um ihn im nächsten Müllcontainer zu versenken, lässt ungerührt sündhaft teure Massage und Kosmetikbehandlung über sich ergehen, im heiligen Kreuzzug gegen die Ökonomie. Als auch der Kreditrahmen ihres letzten Bankkontos gesprengt, das Schloss ihrer Wohnung ausgetauscht und Fanni damit obdach- und besitzlos ist, ergaunert sie sich gewohnt routiniert einen Diplomatenpass, lässt den als Sicherheit für einen Jaguar im Autohaus und macht sich auf eine ausgedehnte „Probefahrt“ in die Pampa – im Gepäck 600.000 Euro veruntreutes Investmentkapital einer Bekannten.
Fanni tauscht Edelfummel gegen Trekkingausrüstung, lässt den Jaguar mit offener Tür auf der Waldlichtung zurück und schlägt sich querfeldein in die Wildnis. Sie durchstreift nächtliche Wälder, in denen die Stille dröhnt, dass der Kinosaal vibriert, und schleppt den Rucksack voller Banknoten immer weiter hinauf in die Berge. Ganz oben kann sie endlich frei durchatmen und erledigen, wozu sie den Aufstieg unternommen hat. Bündel für Bündel landen die Scheine im reinigenden Lagerfeuer und während sich das Feuer in rasendem Tempo durch die 500-Euroscheine frisst, sieht sich der Zuschauer unmittelbar konfrontiert mit der Frage, was das eigentlich ist, mit dem Geld, dass wir uns alle davon fressen lassen, von diesem Papier, das die Fanni da so ungerührt ins Feuer schmeißt. Fannis Reise endet auf einem rückständig industrialisierten Viehbauernhof, wo sie als Magd unterkommt und zum Schlag gegen das schweinische Tauschsystem ausholt, das sie nun endlich, im Rückgang aus der reinen Konsumsphäre an die Stätte der schmutzigen Produktion, an seiner sexistisch-agrarischen Graswurzel zu packen kriegt. Anna, die junge Magd, schuftet wie ein Vieh und muss raus aus all dem Mist, weiß Fanni, und macht sich ans Werk. Sie lässt sich von Anna als Hofhilfe anlernen und lehrt diese im Gegenzug Widerstand und Selbstbestimmung. Am Ende sitzt Anna in Fannis edlen Kleidern im Zug, auf dem Weg in ein anderes Leben.
In wirtschaftlicher Hinsicht bemerkenswert ist nicht nur die Geschichte, sondern auch der Produktionsprozess des Langfilmdebüts von Daniel Hoesl: Ohne Drehbuch, Szene für Szene in chronologischer Reihenfolge gedreht, entwickelt die Low Budget Produktion der European Film Conspiracy ihre Story in enger Anlehnung an die Biographien der Darsteller, oft in freier Improvisation. Der Film besticht durch eine großartige Bildökonomie, die in harten Schnitten zwischen Detailaufnahmen und Totalen, zwischen Stillstand und Beschleunigung eine präzise und luzide Bildsprache entwickelt.
Der Film ist ein anarchistischer Befreiungsschlag und irritierend im besten Sinne.
Soldate Jeannette ist wortkarg, aber sicher nicht leise.
Soldate Jeannette ist Punk!