[1]  Lirum, Larum, Löffelspiel

Petrică stellt uns mit glänzenden Augen sein Zuhause vor. Er lebt in einem heruntergekommenen Motel in Moldawien. Die Geschichte seines Motels interessiert ihn kein bisschen, denn Geschichte liebt ihn genauso wenig wie er sie. Macht Sinn. Er genießt die Isolation zum Rest der Welt, schmilzt in der Sonne nach ganzen fünf Minuten und mag keine Fotografen. Sein besonderes Hobby: mit Löffeln  spielen. Es gibt schließlich viele interessante Dinge, die man in diesem Motel tun kann, bekräftigt Petrică. Immer wieder sind Bilder der heruntergekommenen Räume des Motels zu sehen, doch Petrică scheint sich in seinem Heim ganz wohl zu fühlen. Der Protagonist schaut seine Lieblingsserie auf einem Fernseher, der kaputt ist, er scheint also nicht nur das Motel,  sondern auch das Fernsehen mit purer Imagination zum Leben erwecken zu können. Petrică stellt in dieser lustig-absurden Mockumentary sein Zuhause vor, sein Blick auf seine Welt bleibt uns als Zuschauer*innen jedoch verschlossen.

Verena Scheuerle

 

[2]  Hey, I am Petrică. Welcome to my crib.

Gerade einmal drei Minuten dauert Mihai Nichiforeacs Mockumentary MOTEL STRUGURAȘ und jede dieser 180 Sekunden verbringe ich damit, das Bild nach dem MTV Logo abzusuchen. Die Inspiration scheint klar: Mit nunmehr 17 Staffeln gehört MTV Cribs zu den Formaten des Musiksenders, mit der längsten Bestehens-Zeit. Diesem Stil mehr oder weniger erfolgreich nacheifernd, folgt MOTEL STRUGURAȘ einem extrem überdrehten jungen Mann namens Petrică, der uns sein zuhause vorstellen möchte. Natürlich immer mit einem betont lässigen Spruch auf den Lippen. Soll ja die 90s Generation abholen. Doch etwas ist anders als bei den Stars und Sternchen im Musikfernsehen. Petrică wohnt in einem heruntergekommenen Motel statt in einer Villa, auf dessen Gelände er keinerlei andere Menschen sehen möchte, außer sich selbst und das anwesende Kamerateam. Der Ort ist real, Petricăs aufgesetzte Ekstase nimmt man ihm den gesamten Film über jedoch nicht eine Sekunde ab. Er ist ein Sonderbarer. Einer der sich von der Gesellschaft abgegrenzt hat und nun in einem Berg aus Schutt wohnen möchte. Raus geht er, nach eigener Aussage, nur maximal fünf Minuten am Tag, ansonsten wird er ohnmächtig. Elektrizität gibt es hier natürlich nicht. Dennoch hat Petrică eine Lieblingsshow im Fernsehen, die er nach wie vor gespannt verfolgt – freilich nur in seinem Kopf. In seinem Kopf ist dieser Ort ohnehin ein viel besserer. Einer, in dem Geschichte keine Rolle spielt, auch wenn die rumänische und russische Flagge über ihm ragt. Einer, in dem die zwei Löffel, die er beim Einzug gefunden hat, keine Essgeräte sind, sondern eine stundenlange Beschäftigung, beispielsweise als Perkussionsinstrument. Einer, in dem man sich auch mal gerne auf die Couch mit Geschichtsmaske in mitten von Trümmern liegt. MOTEL STRUGURAȘ ist ein Film, der sich an die nostalgische MTV Jugend richtet und leider jede Option auf eine tiefere Bedeutung grob überfährt.

Christoph Piening

 

[3]  HEY! GET OUT OF HERE, I LIVE HERE!

Was ein Leben! Ein ganzes Motel für einen allein. Es ist zwar reif zum Abriss, aber das stört nicht. Wer braucht schon den Luxus eines funktionstüchtigen Fernsehers, wenn man zwei Löffel zur Unterhaltung hat. Ab und an jemanden vom Grundstück verscheuchen, aber nicht zu lange draußen bleiben, sonst verbrennt die Sonne die Haut. Blütenbrühe mit der Gabel essen, eine Gesichtsmaske mit Gurken. Was man halt so macht. Würde ich auch. Um ganz weit weg von anderen Menschen zu sein. MOTEL STRUGURAȘ: eine kuriose Mockumentary mit Charme und Idiotie.

Paula Jungklaus

 

 

MOTEL STRUGURAȘ
Mihai Nichiforeac
Moldova 2017
3 Min

MOTEL STRUGURAȘ ist Teil des Programms des RHEINMAIN KURZFILMPREIS des 19. goEast Filmfestival des mittel- und osteuropäischen Films.

Letzte Vorführung:
Sonntag, 14.04.2019, 14:00 Uhr, Festivalzentrum