Das Sitzen vor einem leeren Blatt. Das Warten auf die ganz tollen Ideen. Das durch Fristendruck gepeitschte, überhastete Beginnen und Hoffen, dass irgendetwas Verwertbares dabei herumkommt. Wer schafft, der versteht. Versteht, dass der Prozess fordernd und überraschend sein kann, und dass genau darin und nicht nur in dem Ergebnis das Begeisternde liegt.

Jan Peters hat uns mit »Eigentlich eigentlich Januar« ein Türchen in seinen Kopf geöffnet, um ihm bei seinem, in Euphorie geschwenkten, Leidensweg zu folgen. Der Experimentalfilm wurde auf 30 (einen für jeden Tag des Monats) abgelaufenen Analogfilmen gedreht und wird von Jan Peters‘ Stimme begleitet. Es ist ein Redefluss, der aus Tagebucheinträgen und geflüsterten Nachträgen besteht – zumindest so die Annahme, bevor diese Teilung durch Peters selbst in einem Nebensatz als (Selbst-)Täuschung enttarnt wird.

Nach einem einstündigen audiovisuellen Kopfkratzen nimmt der, bis dahin eher an einen teils mit einem gewissen Kitsch behafteten Urlaubs- und Familienbericht erinnernde Film, an Fahrt auf und eruptiert in wilden sprachlichen und filmischen Ergüssen. So finden ganz nebenbei Schufa-Einträge und Saddam Husseins Hinrichtung ein Plätzchen nebeneinander; Unsterblichkeitstheorien werden durchexerziert und statistische Erhebungen im Kleinstausmaß werden nicht nur in Meter pro Sekunde, sondern sicherheitshalber auch nochmal in deren Frequenzen angegeben. Aus »Jobcenter« wird sehr überzeugend »Lobcenter« und Passagen mit Aufzählungen von fotografischen Kategorien, in denen Peters sich scheinbar fast selbst verliert, erhalten durch ihre geradezu kindliche Ernsthaftigkeit einen ernsthaften Unterhaltungswert.

So treiben wir dahin – getragen von einem wilden Fluss aus Wortaneinanderreihungen, die mit einer so trockenen Nonchalance unerwartete Wendungen nehmen, dass sie eine herrliche Komik wie auch Leichtigkeit erhalten. Dazu wackeln Alltagssequenzen, die einen Entdeckergeist spüren lassen, zerkratzt und in wildesten Farb- und Körnungsabstufungen über die Leinwand und unterstreichen oder kontrastieren das Gesagte.

Das in die Tage gekommene Filmmaterial wurde, wie man erfährt, mal liebevoll im Eimer entwickelt, mal mit einem Stein im Gartenteich versenkt – ohne Rücksicht auf Verluste oder Wiederholbarkeit. So abrupt wie jede Rolle Film abbricht, so jäh endet auch das Gesprochene. Es ist bei jedem neuen Kapitel alias Tag so, als hätte man eine Schöpfkelle in Jan Peters‘ Gedankenstrom gehalten und einen Schluck genommen. Der Strom, dessen Mehrschichtigkeit mit »H« retrospektiv eher eine mit zwei »E« ist, ist nicht nur mitreißend, sondern vor allem inspirierend.

Inspirierend ist auch, um den einleitend erwähnten Prozess aufzugreifen, dass das Werk nicht Souveränität, sondern viele Zweifel spüren lässt. Die intimen Blicke reichen nicht nur in die Arbeitsweise, sie dringen auch in Familiendynamiken, in Jan Peters‘ Vergangenheit und Zukunft, ebenso wie in persönliche Veränderungswünsche des Jetzt. Wir sehen nicht nur filmisch eine Verwandlung, sondern auch beim Schaffenden selbst; was, wenn auch unverhofft und ungeplant – wie so Vieles – vielleicht nicht nur nicht geschadet, sondern eher geholfen hat. Vielleicht ist „jung und unseriös“ genau das Lebensgefühl, was es manchmal zum Schaffen braucht.