Man ist verliebt in Isabelle Huppert nach ALLES WAS KOMMT, wenn man es nicht vorher schon war. Dieser Film, über dem nur der Hauch einer Liebe schwebt, die nie greifbar wird, ist Poesie. Nathalie Chazeaux ist die Frau, die man selber gerne wäre. Sie erträgt alles mit einer Anmut und Würde, die schlicht verzaubert. Mia Hansen-Løve erzählt die Geschichte mit der Verletzlichkeit eines weiblichen Blicks: das Schöne in den Momenten, in denen etwas Schmerzvolles passiert. Die Einsamkeit, die Nathalie begleitet, ist in den Zwischenräumen des Geschehens immer spürbar. Der Moment, in dem ihr Mann offenbart, eine andere Frau zu lieben. Ihre subtile Liebe zu dem bildschönen Fabien, einem ehemaligen Schüler von ihr, existiert nur in ihrer beider Phantasie. Denn gerade die Hoffnung und der Zustand des Möglichen sind es, die nicht in die Verzweiflung, sondern zur inneren Beflügelung einer ungelebten Liebe führt.

Nathalie zitiert ihre Interpretation von Liebe aus Rousseaus Gesellschaftsvertrag, während sie eine ihrer Gymnasialklassen unterrichtet. Die Dichte an Zeichen erschöpft sich nicht in diesem Film, sie deuten immer nur an, dass das Leben aus seinen Ideen besteht, die es entwirft. Die Realität, mit ihren ständigen Verlusten, bestätigt nur ihre Wahrhaftigkeit. Die Diskrepanz zwischen Idee und Realität ist die Unlösbarkeit dieses Films. Nathalie liebt ihre demente Mutter, findet aber keine Zeit für sie. Aber auch Fabien bleibt fern, er steckt in einer Beziehung und einer anderen Phase seines Lebens.

Die unhysterische Art, mit der die Normalität von Einschnitten im Leben aufgegriffen wird, wie der plötzliche Tod ihrer Mutter oder die Trennung von ihrem Mann, charakterisiert die Kunst von ALLES WAS KOMMT. Die Freiheit, die daraus entsteht, symbolisiert den Raum der Ideen mit all ihrer Hoffnung. Isabelle Huppert und Roman Kolinka gelingt es meisterhaft, diese ungreifbare Liebe auszudrücken, die immer nur Fiktion bleibt.

ALLES WAS KOMMT handelt von Hoffnung und Abschied ohne Wehleid, mit Bildern, die man vor dem inneren Auge durch ihre einprägsame Stimmung immer wieder vergegenwärtigt. Das ist alles was bleibt, und eine Liebe zu Isabelle Huppert.

von Stella Christin Dunze

Gesehen beim 10. LICHTER Filmfest Frankfurt International im Programm der regionalen Langfilme.

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