Annas Tag könnte nicht schlimmer werden, als ein junger Mann ihr die Handtasche stiehlt. Das Liebesdrama „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ handelt von der im Alter gescheiterten Schauspielerin Anna (Sophie Rois) und dem versetzungsgefährdeten Problemkind Adrian (Milan Herms). Ihm fällt es schwer, sich verständlich zu artikulieren, weswegen die ausgebildete Schauspielerin Anna von einem Arzt angestellt wird, Adrian als Sprachlehrerin zu helfen. Bis dahin weiß Anna jedoch noch nicht, wer ihr Schüler sein wird. Annas und Adrians Wege scheinen vom ersten Augenblick an miteinander verwoben zu sein. Während des Sprachunterrichts fokussieren sie sich vor allem auf den Vokal A, wobei die anderen namensgebenden Vokale leider keine weitere Beachtung finden.

Wie es sich im Titel bereits ankündigt, verlieben sich Anna und Adrian ineinander, auf eine mir nicht gänzlich nachvollziehbare Art und Weise. Adrians Interesse an dieser Beziehung scheint einleuchtend, da er aus schwierigen Verhältnissen stammt und in Anna möglicherweise eine Ersatzmutter sehen könnte, mit der er sexuelles Verlangen verknüpft. Annas Motive hingegen wirken oft unüberlegt und bezüglich der Liebesbeziehung zu Adrian überstürzt. Je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto intensiver wird ihre Verbindung, während sie dem Scheitern, der Moral, der Norm und dem Altersunterschied trotzen.

Nicolette Krebitz‘ Film hat eine erstaunliche Wirkung. Er hüllte mich in eine Welt, in der ich mich 105 Minuten lang von meinen Sorgen ab- und der Unbeschwertheit des Filmes zuwenden konnte. Ich nahm den Film, wie er selbst genommen werden wollte und fand mich in einer ästhetischen, authentischen, aber nicht immer ganz nachvollziehbaren Welt wieder. Eine Welt, die mit brillanten Bildern, ausdrucksstarker Farbigkeit und spannenden Lichtverhältnissen überzeugte, aber bezüglich der Transparenz mancher Handlungen, sogar der bloßen Existenz gewisser Charaktere, einige Fragen offenließ, deren ausbleibende Antworten durchaus Unzufriedenheit erzeugen.

Darüber hinaus vermittelt der Film eine angenehme Leichtigkeit, die mit einer Dynamik des Verliebtseins und der Jugendlichkeit einhergeht. Die Sehnsucht nach Mehr und nach dem verheißungsvollen Gegenüber verbarg sich hinter den Motiven der Figuren. Der Sprung des Wunsches in die Wirklichkeit und die trotzdem nicht verschwindende Frage, ob der Wunsch jemals real war, überschatten letztendlich den gesamten Film. „A E I O U“ erzählt Annas Sicht, in der Adrian kaum zu Wort kommt. Hinsichtlich dieser einseitigen Perspektive stellt sich mir die Frage, inwieweit Anna eine verlässliche Erzählerin ist, gerade in Bezug auf das Ende des Films. Viele Fragen lässt Nicolette Krebitz ungeklärt. Inwieweit dies eine absichtliche Kunst der Offenheit für eigene Interpretationsansätze darstellt oder als Schwäche des Films gewertet werden kann, ist wohl Ansichtssache.

Wenn man sich drauf einlässt, ist „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ ein Film zum Eintauchen, der Leichtigkeit und Einfachheit vermittelt und zugleich Uneindeutigkeiten aufwirft, deren Klärung unmöglich scheint, da der Interpretationsspielraum einfach zu groß ist. Ein Film, der viel Diskussionspotential bietet.

Stephanie Frohberg