In einer ungarischen Kleinstadt spielen heute die „Brazilians“ – ein Team aus jungen Roma – vor allem gegen Kleinstadtrassismus.

Anpfiff
2‘ Früh steht die Motivation für die junge Mannschaft fest. Das junge, fußballbegeisterte Team kann mit einem Sieg im örtlichen Fußballtunier ein Ticket nach Rio de Janeiro erlangen. Sollte dies Motivation genug sein, damit der geneigte Fan hier über neunzig Minuten auf seine Kosten kommt?
4‘ Kommentator am heutigen Tage ist der Hauptcharakter Fabian. Er wird in den nächsten eineinhalb Stunden aus dem Off das Spiel begleiten.
6‘ Dem Sieg Brasiliens bei der WM 2002 scheint hier eine wichtige Rolle zuzukommen.
7‘ Erste Aktion des vermeintlichen Gegners der Brazilians, Turk. Sympathisch kommt er nicht rüber, eher plump und wenig ausgereift in seinem Charakter.
10‘ Ähnlich wie Turk geht es auch dem Rest der Dorfgemeinschaft. Sehr direkt wird hier klar, diese Leute sind Rassisten, so böse wie sie nur eben sein können. Eine sehr einseitige Betrachtung, ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass es hier nur gut und böse und nichts dazwischen gibt.
11‘ Zum ersten Mal rollt der Ball auf dem kleinen Dorfplatz. Die Kamera vermag das Geschehen allerdings nicht richtig einzufangen. Die Inszenierung dieses bedeutenden Teils der Handlung erinnert eher an einen Bolzplatzkick als an professionellen Fußball.
15‘ Die Wiedervereinigung von Fabian mit seinem besten Freund zeigt: hier geht es um mehr als nur Fußball, Gemeinschaft und Zusammenhalt gegen die Ausgrenzung der Roma-Minderheit gehören genauso zum Spektakel wie der Sport.
22‘ Erste größere Aktion der Frauen in diesem Film: Was als typische Konversation über Männer beginnt, wandelt sich zu einer erfrischenden und unerwarteten Betrachtung der Probleme, die Razi, die Roma ist, in einer kleinen ungarischen Stadt beschäftigen. Dies gibt dem Film frische Impulse, die deutlich nötig waren um dieses Spiel attraktiv zu gestalten.
28‘ Auch das Underdog-Team vermag es nicht die Sympathien der ZuschauerInnen zu erobern. Zu viel Machismo, zu viel unangenehmes Miteinander, gerade wenn es um den Umgang mit Kommentator Fabian geht.
33‘ Wechselgerüchte bei Turk. Steht er aufgrund seiner Gefühle für Razi vor einem Wechsel vom Lager der Rassisten und Dorfproleten ins Team der Roma-Sympathisanten?
44‘ Kurz vor der Halbzeit kommt noch einmal Leben ins Spiel. Der Konflikt zwischen Roma und den Dorfbewohnern kommt zu einem vorläufigen Höhepunkt, als die Polizei eine Großrazzia im Roma-Dorf unternimmt, in der Hoffnung die Spieler der Brazilians zu verhaften und so vom Spielen abzuhalten. Wirkt dem/der geneigten BeobachterIn womöglich übertrieben, scheint aber nur noch einmal die Boshaftigkeit und Korruption im Dorf überdeutlich aufzuzeigen. Doch der Dorfpriester kann klären.

Anpfiff zur zweiten Hälfte.

47‘ Ein Aufreger kurz nach Wiederanpfiff. Eine Slapstickeinlage am Lagerfeuer kann das Spiel nur kurzzeitig wieder aufhellen.
56‘ Ein Wettstreit, der so auch aus der Feder eines fußballbegeisterten 12-Jährigen stammen könnte, tut weder der Charakterentwicklung von Turk und Brazilians-Starspieler Aron noch der Dramaturgie des Filmes gut und zieht sie in die Lächerlichkeit.
63‘ Da nun die dritte Rudelbildung zwischen Dorfbewohnern und Roma in einer, man kann es nicht anders nennen, riesengroßen Keilerei endet, wird klar, dass sensible Themen wie Rassismus hier weder im Dialog noch im Sport, sondern einzig mit Gewalt abseits des Platzes verhandelt werden. Schade, denn die Thematik mit den Mitteln des vermeintlich fairen Sports auszutragen ist ein interessanter Ansatzpunkt. Auch das ganze Dorf ins Gefängnis zu stecken wirkt zu drastisch und nicht als plausibler Weg die Probleme des Dorfes zu lösen
67‘ Der frische Wind, den Riza in diese Partie gebracht hat, weicht einer Flaute, scheinen ihre Probleme nur als ein Weg künstlich Drama in den Film einzuschreiben. Letztlich geht es doch nur um Männer und das komplizierte Vierecks-Konstrukt, das hier aufgebaut wird, trägt eher zu Verwirrung des Publikums bei.
70‘ Der Verrat des Braziliansspieler Abel, der absichtlich zu verlieren versucht, kann den dramaturgisch wichtigen Einzug des Teams ins Finale nicht verhindern. Dieser ist obendrein in einem künstlerisch wenig inspirierten Elfmeterschießen aufgelöst, bei dem einfach keine Spannung aufkommen will.
Um den Ausgang nicht vorwegzunehmen wird der Live-Ticker hier nun unterbrochen.
Spielanalyse:
Brazils ist ein vorhersehbarer Sportfilm, der sich dem Thema Rassismus und Ausgrenzung auf sehr unsubtile Weise annähert. Rassismus, das machen nur die Bösen, die korrupter nicht sein könnten. Die Dramaturgie des Films erinnert an Kinderfilme wie DIE WILDEN KERLE, sie ist vorhersehbar und weist keine Twists oder spannende Momente auf, die man so nicht zuvor schon gesehen hat. Zu wenig Neues wird in dieses bereits angestaubte Genre gebracht, Charaktere werden nur oberflächlich behandelt, auch wenn es diverse Ansatzpunkte gibt um ihnen Tiefe zu geben. Auch visuell weiß der Film nicht zu überzeugen. Interessante oder zumindest visuell ansprechende Einstellungen oder Montagesequenzen findet man in Brazils nicht. Hier wirkt der Film wieder wie eine ungarische Antwort an DIE WILDEN KERLE, nur ohne ansprechende Ausstattung.
Insgesamt ein schlechter Kick, bei dem es nur Verlierer zu geben scheint.

Ihr Schiedsrichter heute war: Kevin Gremmel

BRAZILIANS lief auf dem 18. GoEast Festival in der Sektion „.