Es kommt nicht häufig vor, dass Filme aus Nigeria weltweit auf sich aufmerksam machen, und bei GREEN WHITE GREEN ist das auch kein Zufall: Regisseur Abba T. Makama (HEAVEN) richtet sich mit diesem Film vor allem an das ausländische Publikum, dem er das moderne Nigeria zeigen möchte. Auf der 3. Woche der Kritik wurde GREEN WHITE GREEN im Beisein von Makama nun zum ersten Mal in Deutschland ausgestrahlt.

Der 20-Jährige Uzoma – Röhrenhose, Künstlermappe, krauses Haar – versucht in der nigerianischen Hauptstadt sein Glück als Bohemien.Vor der kleinen Hütte, die Uzoma zusammen mit seinem älteren Bruder bewohnt, bringt er moderne Kunst an den Mann. Ein Nachbar kommt vorbei und glaubt in einem seiner Bilder die traditionelle „Mother Africa“ zu erkennen. Die malt Uzoma zwar nicht, aber wenn man dafür Geld bekommt dem Kunden einen Bären aufzubinden, dann kann man wildplatzierte Farbflecke auch schnell als „Mother Africa“ deklarieren.
Uzomas bester Freund, Baba, will derweil Drehbuchautor werden. Zusammen mit Uzoma, dessen Freundin und einem Kumpel will Baba in seinem ersten Filmprojekt zeigen, was es heute bedeutet Nigerianer zu sein. Doch eine konkrete Antwort darauf hat niemand von ihnen, auch eine Umfrage unter Freunden und Verwandten zeigt, dass diese nur vage Vorstellungen von ihrem Land und ihrer nationalen Identität haben. Nur eins scheint für die meisten Befragten zu gelten: Nicht das alte, sondern das moderne Nigeria solle man zeigen, sagt zum Beispiel ein befreundeter Professor zu Uzoma. Daran zu scheitern drohen sie jedoch alle: Das neue Buch des Professors wird nicht veröffentlicht, Uzoma gelingt der Einstieg ins Künstlerdasein nicht und Babas Filmprojekt verläuft  zäh, es gibt kein Drehbuch, keine Unterstützer und zum Casting erscheint niemand. Aber bekanntlich wächst man mit seinen Aufgaben, und so werden die Jungkreativen selbst zu den Hauptdarstellern des Filmprojekts, dass sie mit allen Mitteln realisieren möchten.

Abba Makamas Nigeria ist ein Ort der Großstadtkinder, der jungen Menschen aus der Mittelschicht, die resilient und erhaben den Realisierungshürden ihrer Träume trotzen. Für die vier jugendlichen Künstler ist es aber nicht nur Trotz, der sie umtreibt sondern auch ein steter Kampf um Handlungsmacht und Selbstverwirklichung, den sie mit schelmischer Leichtigkeit und nicht ohne Ironie auf der Leinwand austragen. In der Anfangsszene von GREEN WHITE GREEN fährt die Kamera von dem malerischen Highway über die Villenviertel zu dem Haus, in dem Uzoma wohnt. Zwischen den grünen Landschaftsstrichen und den Hochhäusern haben sich etliche Cafés und Gallerien eingerichtet, ein turbulenter Straßenverkehr und Graffitikunst zieren das Stadtbild von Lagos. Makama ist bemüht, auf der Leinwand ein Nigeria zu erschaffen, dass sich kontrastreich zu den herkömmlichen eurozentrischen Bildern verhält. Das Ergebnis ist eine westlich geprägte Wohlstandskulisse, popkulturelle Elemente aus der Hip Hop-Szene sowie der Hipsterkultur und das Bewusstsein, dass der American Dream überall realisiert werden sollte. Der Film unterwirft sich einem hegemonialem Verständnis darüber, was weltweit als jung, modern und erstrebenswert zu gelten hat. Eine kritische Sicht auf all das wird von Makama leider nicht mitgeliefert.

Was bleibt, ist eine handwerklich gut gemachte Komödie, die gezeichnet ist durch einen Humor der über die Grenzen Nigerias hinaus ausgesprochen gut funktioniert. Und weil Scheitern manchmal ganz schön komisch sein kann, ist GREEN WHITE GREEN auch eine eineinhalbstündige Einladung zur Schadenfreude. Etwa wenn Uzoma mit tränenüberströmtem Gesicht dramatisch über die Straßen schlendert, während die Galerie ihm am Telefon gerade eine Absage erteilt. Und dann muss Uzoma noch lernen, dass  nicht jeder gewillt ist „Mother Africa“ dort zu erkennen, wo sie eigentlich gar nicht da ist. Aber vielleicht ist das auch nicht so schlimm. Und am Ende ist schliesslich auch alles eine Sache der Perspektive.

von Elin Grønhaug

Gesehen auf der 3. WOCHE DER KRITIK in Berlin.