Mit DENK ICH AN DEUTSCHLAND IN DER NACHT begibt sich Romuald Kamarkar in die deutsche Techno-Szene. Er zeigt verschiedene DJs, darunter Ricardo Villalobos, Ata Macias und Sonja Moonear bei ihrer Arbeit und fragt sie nach ihren Wurzeln, ihren Inspirationen und ihrem Verhältnis zur Musik.

Der Film beginnt mit einer Einstellung, die einen der DJs in seinem Studio zeigt: Er sitzt zwischen verschiedenen Geräten, die er im Laufe der Szene erklärt, hört sich eine alte Platte an und reagiert auf diese. Zwischen all den Rechnern wirkt er beinahe fehl am Platz. Er sitzt vielmehr wie ein „normaler“ Arbeiter am Schreibtisch, doch er widmet sich nicht irgendwelcher Aktenarbeit, sondern produziert Musik.

Romuald Kamarkar gibt mit seinem Film dem Publikum einen Einblick in die internationale Techno-Szene. Der Titel des Filmes spielt dabei auf den ersten Vers von Heinrich Heines Gedicht „Nachtgedanken“ an. Kamarkar fragt nach dem Bezug von Techno zum Nachtleben. Beim Techno, so sagen es die DJs, gehe es um Gemeinschaft. In einer Zeit der Vereinzelung von Menschen bringe Musik sie als kleinster gemeinsamer Wert zusammen und schaffe in der Einsamkeit ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Musik, besonders Techno, bedeutet, laut der Protagonist_innen, Befreiung für alle. Ein Club ist da, um aus dem eigenen Alltag zu entfliehen. Wenn dies jedoch nicht mehr möglich ist, fehlt den Menschen ein Zufluchtsort.

Man könnte aufgrund der vermeintlichen „Einfachheit“ von Techno meinen, dieses Genre der Musik sei besonders zugänglich, doch Techno ist alles andere als nur „einfach“. Kamarkar versteht es den Zuschauer_innen, auch wenn diese szenefremd sind, einen Eindruck von der Musik zu verschaffen. Das Publikum kann die Augen schließen und zuhören, ohne Angst haben zu müssen, dass er etwas im Bild verpasst. Durch diese Möglichkeit entwickelt man bald ein Gespür für die Feinheiten des Technos, man ist dazu gezwungen zuzuhören anstatt Techno als eintönig abzutun.

Die Länge der Einstellungen vermittelt eine besondere dokumentarische Wahrhaftigkeit in den Bildern, weil unsere Blicke durch keinerlei technische Manipulationen vom Eigentlichen abgelenkt werden. Es entsteht der Eindruck, dass alles gezeigt wird, wie es wirklich passiert ist, da keine Schnitte das Bild stören. Die Musik wechselt sich ab mit Stille, leisen Geräuschen und Interviews mit den DJs. Gerade in den Clubs ist der Ton oft unabhängig vom Bild. Das Publikum hört, was der DJ gerade mischt, bevor er es über die Boxen abspielen lässt. Zwar ist DENK ICH AN DEUTSCHLAND IN DER NACHT visuell nicht besonders aufregend, doch schafft es der Film auch einem szenefremden Publikum einen Eindruck von der Essenz von Techno zu vermitteln.

von Katharina Popp

Gesehen beim LICHTER Filmfest Frankfurt International im Programm der regionalen Langfilme.