Auf den ersten Blick hat Mindaugas Survilas zweiter Dokumentarfilm nicht viel zu bieten: Keine Dialoge, kein Voice-Over, kein ein einziges gesprochenes Wort und keine Musik. Keine Rahmung, Verortung, übergeordnete Dramaturgie oder Handlung. Keine klassischen Figuren, kein wirklicher Anfang und kein wirkliches Ende. Was bleibt ist ein Film der puren Beobachtung.

In langen Einstellungen schweift die Kamera durch die Wälder, zeigt dabei bevorzugt seine tierischen Bewohner. Diese reichen von Ameisen über Schlangen und Eulen bis hin zu Wölfen und Rehen. Anders als bei den meisten Tierfilmen liegt der Fokus dieser Aufnahmen jedoch nicht bloß auf den spektakulärsten Momenten im Leben dieser Tiere. Auch wenn die Jagd nach Beute, Paarungsverhalten und Nestbau eine übergeordnete Rolle spielen, scheut sich der Film nicht davor, die Waldbewohner auch außerhalb dieser beliebten Kontexte zu beobachten.

Die enorme Ruhe und Geduld, die Zeit die sich dafür genommen wird, oft unabhängig vom Inhalt der Szenen, ist dabei ausschlaggebend und führt zu einem geradezu hypnotisierenden Erlebnis. So dauert es teilweise einige Momente, bis überhaupt erkennbar wird, was hier an welcher Stelle im Bild gezeigt werden soll, um welches Tier und wie viele es sich handelt oder was sie tun.

So wandert dieser ungewöhnliche Dokumentarfilm gemächlich durch verschiedene Episoden, die oft nur aus wenigen längeren Aufnahmen bestehen und meist eine bestimmte Tierart oder ein bestimmtes Tier portraitieren, bevor zum nächsten übergegangen wird. Völlig frei von Manipulationen und kommentarlos wird man so zum ausführlichen Zeugen des weitgehend unberührten Lebens der Wälder. Auffallende Eingriffe ins Material finden sich allenfalls im gelegentlichen Einsatz von Zeitraffer- und Zeitlupenaufnahmen, die jedoch stets einen illustrativen Effekt haben. So wird beispielsweise schmelzender Schnee sichtbar dargestellt, der schließlich Insekten aus ihrer Kältestarre erwachen lässt.

Mit nur 86 Minuten wird die Geduld der Zuschauer keineswegs auf die Probe gestellt, im Gegenteil wäre eine längere Fassung beinahe wünschenswert. Vielleicht richtet sich Survilas jedoch auch in dieser Hinsicht an eine zwar klischeehaft klingende, aber für „THE ANCIENT WOODS“ durchweg zutreffende Regel: Weniger ist mehr.

Von Nils Mooney

THE ANCIENT WOODS läuft im Wettbewerb des 18. GoEast-Festivals in Wiesbaden.
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