„Ach du Scheiße!“ ist der erste Satz, den der Architekt Frank Lamm laut ausspricht, nachdem er in einem Dixi-Klo aus einem feuchten Traum erwacht. Man könnte ihm an dieser Stelle seine vulgäre Ausdrucksweise zum Vorwurf machen, jedoch wird schnell klar, dass seine Lage alles andere als rosig und ein bisschen Fluchen durchaus berechtigt ist. Von unten ragt durch die einstmalige Rückwand der offenbar umgefallenen Baustellentoilette eine rostige Metallstange, bahnt sich ihren Weg durch Frank Lamms rechten Unterarm und verlässt den beengten Raum, der den einzigen Schauplatz der folgenden 85 Minuten darstellt, auf der Oberseite durch die geschlossene Tür. Es folgen die zweifellos längsten anderthalb Stunden im Leben des Protagonisten, der bald dahinterkommt, dass er nicht einfach nur schwer verletzt festsitzt, sondern schwer verletzt in einem Bereich, der innerhalb der nächsten Stunde gesprengt werden soll. „Nicht gut!“ befindet das messerscharf kombinierende, lächelnde Gesicht des Klodeckels, das nun für eine ganze Weile der einzige Gesprächspartner unseres Helden ist.

Während nun die Zeit bis zum scheinbar unausweichlichen Tod des Eingesperrten herunterläuft, verfolgen die Zuschauer*innen in Echtzeit, wie dieser mit diversen Gegenständen, die er in seiner kleinen Kabine findet, und einer Menge Einfallsreichtum versucht, sich aus seiner Misere zu befreien und nebenbei noch nach und nach rekonstruiert, wie er in diese missliche Lage geraten ist. Der Realismus ist dabei nicht immer ganz gegeben, doch das spielt auch überhaupt keine Rolle. Man fiebert einfach mit Frank Lamm mit, der immer wieder zum Messer greift, um sich dann doch noch etwas Besseres einfallen zu lassen als eine Amputation unter, gelinde gesagt, unhygienischen Bedingungen – bevor seine Situation sich dann dummerweise doch wieder verschlimmert.

Man könnte an dieser Stelle nun eingehen auf die sprechenden Namen der Charaktere (Schurke Horst Wolf und Umweltschützerin Dörte Grün), die nach und nach ins Spiel kommen, und lobend die Kritik an Kapitalismus, Vetternwirtschaft und Umweltzerstörung hervorheben, für die diese Nebenfiguren symbolisch einstehen. Doch ich glaube, auch wenn diese Dinge zwar gegeben sind, würde dies dem Film nicht gerecht. Mit seinem ersten Spielfilm, den er ganz klar als Splatterthriller aufzieht, möchte Regisseur Lukas Rinker in erster Linie eines: unterhalten. Und das gelingt ihm hervorragend! Als Zuschauer*in befindet man sich permanent in einem Zustand zwischen Belustigung durch gelungene Situationskomik, Angespanntheit durch den Wettlauf gegen die Zeit und Ekel durch eine Mischung aus Blut und – Pardon – Scheiße. Mit jeder ruckartigen Bewegung, die Franks Arm weiter malträtiert, zuckt das Publikum unisono zusammen, und hie und da murmelt vielleicht jemand ein erschrockenes „Ach du Scheiße!“ in sich hinein.

Frederik Knoll